Um Schloss und Bowlinggreen - res

Rundgänge

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Um Schloss und Bowlinggreen

Um Mulang und Lac
Die Mittelachse

Um Schloss und Bowlinggreen
Wissenswege im Bergpark

 "Wilhelms-Höhe // eine Parthie des Weissensteins bei Cassel." "Nach der Natur gezeichnet von Nahl.", "die Figuren von G. Schleich", "gestochen von Schroeder". Staatliche Kunstsammlungen Dresden skd - A 1962-630
Johann August Nahl d. J. - 1792 Professor an der Kasseler Kunst Akademie, 1815 Direktor der Malklasse.
Friedrich Schröder - Stecher, Johann Carl Schleich - Figurenzeichner
Erster Kupferstich aus einer Serie von vier Ansichten jeweils mit dem Untertitel "Eine Parthie des Weissensteins"  und mit den Untertiteln; Wilhelms-Höhe, Teufels-Brücke, Felsen-Burg (Löwenburg), Aqueduct

Wir sind Zuschauer und blicken von einer kleinen Anhöhe aus auf Bowlinggreen und Schloss. Hier steht heute der Apollontempel, von Oberhofbaumeister H. C. Jussow geplant und 1817/18 fertiggestellt.
Die Wasser der großen Fontäne springen, haben ihre Höhe erreicht. Im Hintergrund rechts am Hang sind Häuser zu erkennen, eine Mühle überragt das Dorf, die Gebäude sind niedrig am Hang platziert, neutral gezeichnet ohne ihre chinoise Anmutung. Der
Fontänenteich zieht sich zwischen dem Bowlinggreen und dem mit jungem Baumbestand bestückten Hügel breitflächig entlang. Hier am Hang nutzen wir heute die Bänke, von denen aus sich das Aufsteigen der Fontäne abwartend und beschaulich erwarten lässt.

Im Zentrum des Stiches von 1795 nehmen wir die beiden Flügelbauten (1790 und 1792) und das Corps de Logis (1798) als
Schloss-Ensemble wahr und sind zugleich irritiert, weil der Mitteltrakt nicht so recht zu den beiden Solitär-Bauten rechts und links passen will. Ein Stilbruch, deutlich zu erkennen, weil die Verbindungsbauten (noch) fehlen, diese werden 1806 eingeschossig und 1829 dann aufgestockt eingefügt. Architekt der Seitenflügel ist der vom französischen Stilempfinden geprägte Simon Louis du Ry. Das Corps de Logis hat Heinrich Christow Jussow geplant, beeinflusst von klassizistischen Bauten in englischen Parks. Solche hat er bei seinem Aufenthalt auf der Insel studieren können. 

Die halbkreisförmigen Abschlüsse an beiden Seitenflügeln fallen auf. Auch hier sind im Hochparterre  Säulenreihen gesetzt. Die Abschlüsse zur Stadtseite hin, gleich gestaltet, sind kaum zu erkennen. Sie fallen später weg, gehen 1829 in den Verbinderbauten auf. Kuppel und Portikus des Mittelbaus lassen diesen erhaben und zugleich wuchtig erscheinen. Die Säulen am Corps de Logis sind gegenüber den Säulen an den Flügelbauten proportional stark überhöht. Die zum Park hin geöffnete 200 Meter breite Dreiflügelanlage erscheint heute leicht gerundet, durch die Verbinderbauten ist das real, die Durchfahrten und dann die beim Wiederaufbau des Mitteltrakts 1974 eingesetzten Fenster ohne Sprossen verstärken diesen Eindruck.

Zurück zur Darstellung insgesamt. Auf der Abbildung umrahmen die drei Flügel als Solitärbauten das neu eingerichtete Bowlinggreen. Eine Ebene ist entstanden, die aber nicht mehr den Anforderungen eines Parterres vor dem Corps de Logis (als Verlängerung des Wohnzimmers nach draußen) entspricht, sondern eine Landschaft darstellt. Rasen-Flächen, Bosketts und Wege sind unregelmäßig angelegt.


Die Rasenfläche vor Schloss Wilhelmshöhe, westlich, zum Herkules hin, bezeichnen wir heute als Bowlinggreen. Auch die Karlswiese vor der Orangerie im Auepark ist ein Bowlinggreen. Hat da mal irgendwer irgendwann Bowling gespielt? Der Begriff leitet sich von Bowl, Kugel ab. Es war tatsächlich ein in höfischen Kreisen beliebtes Spiel, von dem sich der Name ableitet. Kricket das den Namen Spiel mit


Was hat es mit dem Bowlinggreen auf sich?


Auf die topografische Genauigkeit (Mulang) zielt Nahl nicht ab. Das Corps de Logis ist noch gar nicht gebaut. Bezogen auf den Mitteltrakt bezieht sich der Künstler auf einen Prospekt.

Das Besondere: Die zahlreichen Personen
In den Figurationen als Spaziergänger verknüpft Nahl höfisches und bürgerliches Leben, das ist auf dem Stich von Tischbein angedeutet, geringere Personenzahl - aber ähnlich

Zeichnung, Aquarell von 1779 - Tb. höfische Gesellschaft ...

Auf Gemälde 1775 - Arbeiter und Hofgesellschaft

Nahl - bürgerliches Leben auf dem Bowlinggreen(ß)

harmonisch vereint





Johann August Nahl d. J. hat die Vorzeichnung des Stiches sehr detailfreudig angefertigt. Er folgt damit seinem Lehrer Johann Heinrich Tischbein d. Ä. (1722 - 1789). Dieser hat mehrere Ansichten bereits zu den Planungen erstellt, die Landgraf Friedrich II. in Auftrag gegeben hat, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen. Auch für Wilhelm IX., ab 1785 Landgraf und ab 1803 als Wilhelm I. Kurfürst von Hessen-Kassel, legt Tischbein Gemälde und Zeichnungen als Prospekte vor. Von Weise gestochen - vier Ansichten...
Zwei aquarellierte Zeichnungen für die Betrachtung hier interessant - Bowlinggreen


Im Mittelpunkt der tiefen Beschreibung hier steht J. A. Nahls Zeichnung von 1795, Stich,  Wilhelm lässt Schloss Weissenstein abreißen und den Lac anlegen, Grundlegende Umgestaltungen des Bergparks setzen ein.
Tischbeins Ansichten sind "ausgewogene Inszenierung(en)".

Diese zielen auf "Ausgleich und Harmonie sozialer Ordnungen im Nebeneinander von Nutzer und Benutzer der Landschaft, in der der Mensch den Maßstab vorgibt und die entsprechenden Proportionen bestimmt" (Marianne Heinz, Johann Heinrich Tischbein d. Ä. als Landschaftsmaler. In: Katalog der Ausstellung in der Neuen Galerie, Kassel 1989/1990, S. 134).
Personen + Personengruppen ...
Inhalt - Spazierengehen

Bowlinggreen - Entstehung, warum in fürstlichen Parks
Bowl - Kugel, ...

Friedrich II. hatte Teile des Parterres vor dem alten Schloss Weissenstein noch terrassenförmig anlegen lassen.

Aquarell (Zeichnung) von J. H. Tischbein aus dem Jahr 1779 gibt Aufschluss (Grafische Sammlung HKH, hier als Scan aus: Holtmeyer, Alois: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Band 6: Kreis Cassel-Stadt, Atlas, Marburg 1923. Tafel 132).

Der Fürst ist rechts im Bild zu erkennen, Friedrich II. trägt den Schwarzen Adler Orden, die höchste Auszeichnung der Könige von Preußen. Er begutachtet einen Plan, sitzend unterhalb des Hanges, den er als
Schneckenberg hat anlegen lassen. Der geschlängelte Weg führt hoch zu einem Apollontempel. Diesen Holzbau lässt Wilhelm IX. bereits kurz nach dem Tod des Vaters (1785) abreißen. Auf dem hier oben eingesetzten Stich "Wilhelms-Höhe // eine Parthie des Weissensteins bei Cassel" aus dem Jahr 1795 ist die Kegelform des Apollon-Hügels bereits abgetragen.
Auf dem Tischbein Aquarell blicken wir ungefähr aus der gleichen Richtung auf Fontäne, Teich und Bowlinggreen.
Hier im Bild aus dem Jahr 1779 ist der Fontänenteich klein gehalten und von Steinen umsäumt als Dreipass angelegt. Die Gestaltung ringsherum drückt spätbarockes Stilempfinden aus, die fast halbrunde Terrassierung hin zum Schloss, der Laubengang dahinter mit zwei Triumphbögen, um die Treillage einzurahmen. In der Mitte des Teiches, aus einem Steinhaufen, steigt die Fontäne auf. Ein, zwei Jahre später erhebt sich hier noch eine Herkulesskulptur, als Blickfang. Der Held erschlägt den Höllenhund.

Tischbein, Gemälde 1775 - Datierung???

Von der erhöhten Fläche rund um die Fontäne ausgehend grenzt ein Weg die Ansicht nach hinten ab. Wir blicken auf eine Anhöhe im Süden. Das ist heute der dicht bewaldete Mulang-Hang. Landgraf Friedrich ließ allerlei Bäume aus Allerwelt anpflanzen. Das gehört zum Repräsentations-Ambiente der ambitionierten Parkgestaltung des ausgehenden 18. Jahrhunderts, ebenso wie die chinoisen Häuschen und eine Moschee. Aufgeschlossenheit für fremde Kulturen deutet das an. Ebenso kennzeichnet die exotische Pflanzenwelt den aufgeklärten Fürsten. Er ist in dieser Denkweise ambitioniert und regiert zugleich absolutistisch, das ist im Zeitempfinden kein Widerspruch.

Wie passt der das Bild teilende Weg zur Botschaft des Aquarells?
Den Weg entlang sind Statuen aufgereiht. Das gehört zu Friedrichs Programm und seinem Anliegen, den Parkbesuchern die Antike näher zu bringen - die Hofgesellschaft, die gern gesehenen gut situierten Gäste und zudem auch Studenten und Wanderer zu belehren. Plutogrotte und Moschee sind schwach zu erkennen. Die Skulpturen sind exakt im Abstand nebeneinander angeordnet. Vorbilder für diese Gestaltung dürfte Friedrich auf seiner Italienreise mehrfach kennengelernt haben.

Die Fläche im Vordergrund, hier verwirrt die schwarz-weiß Wiedergabe des Aquarells zunächst. Von rechts und links wird der Blick durch Hänge eingerahmt  weil 

.. Antike...
ist 


- HM CS Land AS 138 unten
Tischbein T 132
Abbildung einfügen

Exkurs:
Parterre - Verlängerung des Corps de Logis - Wohnzimmer nach draußen

Karlswiese - Bowlinggreen - ein ebener Rasenplatz, in Mulde, Rand erhöht oder zumindest abgegrenzt durch Wege

In Schlossanlagen - Gestaltungselement für Barockgärten - Spiel des Adels
Bowls - Kugel , Boule, Boccia - Kugelspiel

Die Serpentinen hinunter vom Friedrichsplatz zur kleinen Fulda - 1803
Malien Bahn - Ballspiel mit Holzhammer - Maille
Paille Maille

Bowlinggreen - Bosketts (Wäldchen, Buschwerk) rahmen die Rasenfläche ein. Ein Weg quert

Interessant an der Abbildung ist noch etwas anderes.
Im Vordergrund sind ungewöhnlich groß zwei Personengruppen und ein Paar eingezeichnet. Es sind keine Staffagefiguren und erst recht nicht Personen, die sich in Kleidung und Habitus als Angehörige des Adels präsentieren. Bürgersleute sind dargestellt, Frauen, Männer und Kinder in ansehnlicher Kleidung und guter Stimmung. Zudem, der extra für die Abbildung der Figuren engagierte Zeichner G. Schleich hat auf dem Bowlinggreen in der Bildmitte, zwischen Fontänenteich und Schloss, weitere, mehr als 30 Personen platziert. Das Parterre vor dem Schloss wird so zum Terrain, um spazieren zu gehen, um sich zu treffen.
Einzelne Gruppen genauer betrachten...

Gewagte Szenerien – 1795 vervielfältigt, sechs Jahre nach 1789, dem Beginn der Französischen Revolution. Zugleich als „Eine Parthie des Weissensteins zu Cassel“ dem Landgrafen Wilhelm IX. zugeeignet. 
 
Nahl, Schröder und Schleich haben in vergleichbarer Impression eine kleine Serie von vier radierten Kupferstichen geschaffen: Wilhelms-Höhe, Teufelsbrücke, Aquädukt und Felsenburg (Löwenburg). Druck und Vertrieb übernahm ein Augsburger Verlag. 
Es ist davon auszugehen, dass sich die Stiche gut verkauft haben. 
 

Tafel 138

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