W. Dilich, Ritterspiele, 1596 - Turnierplatz, Schloss, Brüderkirche Scans aus der Faksimile Ausgabe
So vieles aus der Zeit um 1600 ist für uns heute nur schwer zu verstehen und nachvollziehbar.
Die Ansicht, ein nachkolorierter Kupferstich aus der Ausgabe von 1596, zeigt den Turnierplatz, den Landgraf Moritz hat einrichten lassen.
In der Zeit um 1600 ist es der Turnierplatz (Rennbahn), 100 Jahre später wird daraus der Paradeplatz, den Landgraf Karl und die folgenden Fürsten dafür nutzen, Hessen-Kassel als starke Militärmacht zu präsentieren.
Der Stich lässt uns über den Turnierplatz auf das Stadtschloss blicken. An der Stelle des 1811 abgebrannten Renaissancebaus steht heute das Regierungsgebäude. Die Rennbahn schließt sich nach Süd-West hin an. Es ist heute der Bereich des RP-Parkplatzes und des Kleinen Hauses des Staatstheaters.
Was war der Anlass für Moritz, mit einer so imposanten Anlage aufwarten zu wollen? Hier konnte die Kindstaufe der Tochter Elisabeth als große Veranstaltung inszeniert werden. Auf dem Turnierplatz fanden Ritterspiele statt. Die Zeit der Ritter war zwar vorbei, doch in den an mehreren Festtagen und verschiedenen Orten zur theatralischen Aufführung gebrachten „Inventionen“ ließen sich sowohl die Tradition als auch das Potenzial eines strahlenden, wohlhabenden Fürstentums demonstrieren.
Wilhelm Dilich, Kassels bedeutender Gelehrter und Chronist (über das Fürstentum hinaus gefragter Festungsbaumeister und Landvermesser, Kartenzeichner und Kupferstecher) hat das alles in seinem „Abriß dero Ritterspiele“ 1596 erfasst und ein prachtvolles, repräsentatives Buch geschaffen.
Eine Faksimile-Ausgabe dieses Werkes ist 1986 im Georg Wenderoth Verlag, Kassel erschienen:
Wilhelm Dilich. Ritterspiele Anno 1596. Als Nachdruck herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Hartmut Broszinski, Gunter Schweikhart.
Ein Digitalisat bietet die Bibliothek der Universität Kassel an:
Beschreibung und Abriß dero Ritterspiel, so der Durchleuchtige Hochgeborne Fürst und Herr, Herr Moritz, Landgraff zu Hessen etc. auff die Fürstliche Kindtauffen Frewlein Elisabethen und dann auch Herrn Moritzen des andern Landgrafen zu Hessen etc. am Fürstlichen Hoff zu Cassel angeordnet und halten lassen. Cassel 1601, Verlag Wilhelm Wessel
(https://orka.bibliothek.uni-kassel.de/viewer/image/1506950499102/54/)
Sehr lesenswert ist die historische Einordnung des Aufrisses der Ritterspiele und der Beschreibungen. Die zahlreichen Stiche beeindrucken und vermitteln das farbige Spektakulum. .
Der Stich weiter unten zeigt den „Einzug der Englischen Gesanten“.
Der Blick geht von Norden aus auf die stark befestigte Stadt. Im Vordergrund die Abteilungen der Gesandtschaft, dann Graben, Ravelin, Bastionen und Wälle sowie das Müllertor.
Dilichs detailreiche Zeichnungen vermitteln uns einen Eindruck von der Stadtgestalt Kassels um 1600.