Exposee-Wunderkammern

Geschichtsverein Kassel

Gesprächsrunde - Exposee

Geschichtsverein Kassel

Wunderkammern des Wissens – Die Schätze Kasseler Museen entdecken 
Exposee - Diskussionsvorlage zur Vorbereitung der Gesprächsrunde (1. November 2022)
 
1. Hintergrund


Warum lohnt es sich, drei Kasseler Sammlungen in den Mittelpunkt einer Gesprächsrunde zu stellen?
Es geht um drei Sammlungen, die ab Ende des 16. Jahrhunderts auf Veranlassung der Landgrafen eingerichtet wurden. Geologische Exponate (Naturkundemuseum), Exponate aus der Schatzkammer (Landesmuseum) und aus dem Astronomisch Physikalischen Kabinett (Orangerie). 
Das Sammeln und Ordnen sowie die Sammlungen selbst geben uns beispielhaft (!) Einblicke in frühes wissenschaftliches Denken, ebenso sind sie Grundlage für einen Wissenstransfer und für Innovationen. So weit so gut, aber: 
Was bringt es Besucherinnen und Besuchern, solche Sammlungen abzugehen?
Schöne Objekte betrachten, Kuriositäten anschauen, etwas über Fossilien erfahren, Herbarien ansehen, alte Fernrohre nutzen dürfen, sich wundern, dass es einen „Spielzeug“ Maikäfer schon vor 400 Jahren gab. 
Was bringt es nachzuvollziehen, dass die Sammlungen über Forschungen, Experimente, Innovationen und damit über die Entwicklung wissenschaftlichen Denkens Auskunft geben? Können das nicht nur wenige Besuchergruppen, nur einzelne Besucher nachvollziehen? Lässt sich diese Zuschreibung für weitere Besuchergruppen aufschließen? Wenn ja, wie?
 
Als Zwischenüberlegung: 
Sammeln, Forschen und Gestalten – das war noch Anfang des 19. Jahrhunderts eine Einheit. Heute erfolgt das getrennt, sinnvoll vor dem Hintergrund der umfangreichen Sammlungen, der Differenzierung in Forschungsbereiche, der Untersuchungsmethoden sowie der kaum in der Gesamtheit übersehbaren, verstehbaren Innovationen. 
 
2. Vermittlung und Zielsetzung
 
Warum diese Aussagen in eine Gesprächsrunde einbeziehen, bei der es um ein kurzes Vorstellen der bedeutenden Sammlungen gehen soll und weiter dann darum, einen Bildungsauftrag anzunehmen bzw. zu prüfen und Umsetzungsvarianten zu diskutieren.
 
Dass Sammlungen eine Basis für wissenschaftliche Forschungen sind ist klar, das ist nicht Gegenstand der Erörterung.
 
Lässt sich sagen und herausarbeiten, dass unsere Kasseler Sammlungen mit einem  speziellen Bildungsgehalt aufwarten? Wenn ja, ist dieser definiert?
Ist die Aussage richtig: „Die Sammlungen zu besuchen und etwas über deren Bedeutung zu verstehen, das ist bereits ein Stück Identifizierung mit der Geschichte der Heimatstadt.“
 
Kassel hat eine bedeutende Sammlungsgeschichte aufzuweisen. Kassel hat herausragende Schätze zu zeigen - über die „Hotspots“ Wilhelmshöhe, Gemäldegalerien, Karlsaue hinaus. Muss, sollte das nicht stärker herausgestellt werden. Gehört es zum Auftrag der Museen, das im Bewusstsein der Stadtbevölkerung, im kollektiven Gedächtnis zu verankern? Kann sich so etwas Identität herausbilden, festigen? Ist das wichtig? Wenn ja, wie?
 
In den Sammlungen, in der Aufbereitung und Präsentation von Exponaten stecken Lerngelegenheiten für Erwachsene, Kinder und Jugendliche. Welche? Wie?
 

Ist es angemessen oder unangemessen bezogen auf erwachsene Besuchergruppen von Lerngelegenheiten und Bildungsanspruch zu reden?
 
Die drei Sammlungen verweisen auf die Idee eines Theatrum naturae et artis, die historisch betrachtet ansatzweise im Kunsthaus und im Modellhaus (am Auehang) umgesetzt wurde. G. W. Leibniz hat diese Idee Ende des 17. Jahrhunderts z. B. für Berlin vorangetrieben, dafür geworben. Orte, Gebäude, Ausstellungen als Theater einrichten, um einen universalen Anschauungsraum der Welt aufzubauen, um sich von Exponaten aus Einblicke in das Ganze zu verschaffen und zugleich einen Überblick anzustreben. Um sich den verschaffen zu können sollte, muss das Theater auch als Laboratorium tauglich sein, um Experimente durchzuführen und auszuwerten.
 
Ist die Theatermetapher heute angemessen?
 
Theater: Anschauen, zuschauen, betrachten verbunden mit Kommunikation, Rahmung, Konvention.
Theater ist immer auch Event. 
Die Chance und eine besondere Aufgabe: Vermitteln, dass das Internet nicht die Anschauung durch direktes Aufsuchen ersetzen kann, das Erlebnis vor Ort mit einem Beeindrucken, Staunen, Spüren, Anfassen …


Im Kontext dieses Gedankenganges ist für mich dieses (vorläufige !) Rahmenthema der Gesprächsrunde plausibel:  
                           Wunderkammern anschauen – Wissenswege zu den historischen Sammlungen ..................................i ....................................in drei Kasseler Ausstellungen

In diesen Gedankenzusammenhang möchte ich die mit der Veranstaltung verbundene kurze Danksagung an Herrn von Waitz einfügen. Diese soll nebenbei (!) geschehen, durch einen Hinweis. Ich beziehe mich auf sein Buch "Parkwege als Wissenswege" und den Vortrag „Ein Kasseler Theatrum Naturae et Artis im Sinne Gottfried Wilhelm Leibniz? Neue Aspekte zur Akademie-Frage“ 
 

3. Ein Konzept Wissenswege

Anknüpfend an die Prämisse (Bildungsauftrag, Bildungsgehalt und Lerngelegenheiten) können drei Zugänge weiterführen:
 
1) Zugang Objekte vorab betrachten, untersuchen – „Modelle in einem Koffer“
 
Beispiel Moritz-Maikäfer – Aktuelle Spielzeugautomaten veranlassen zu Fragen:
Wie funktioniert das, wer ist auf so eine Idee gekommen? Das ist ein Verweis auf die Bedeutung von Experiment, Handwerk und Technik, Innovation.
Beispiel Landgraf Karl Büste - Die Skulptur aus dem 3D-Drucker betrachten, das Modell kontextualisieren durch Fragen stellen: Wieso trägt er keine Perücke? …
 
2) Zugang Besuche vorbereiten, zugeschnitten auf die Spezifik von Gruppen 
 
> Die Erwartungsebene ausspielen, denn Besucher treffen gern auf überraschende, fremdartige, einen Zauber auslösende Objekte. Sie wünschen sich das.
> In die System-Ebene einführen, beispielsweise indem ausgewählte Objekte von Bildern aus vorab gezeigt werden, auch um auf Wissenselemente neugierig zu machen. Vorab meint, Blätter, Hefte, einen Flyer ausgeben, ein Video anschauen, um kulturgeschichtliche Zusammenhänge anzudeuten. 
> Die Vorbesprechung lässt sich jetzt in ein Auswählen von „Objekten im Mittelpunkt“ überführen. Eine solche „Kontextualisierung vorab“ setzt auf Plausibilität, ist auf Vorläufigkeit aus und verlangt eine Nachbereitung.
 
3) Zugang Material darauf zugeschnitten entwickeln
Hefte, Flyer, A4-Blatt, Video, Podcast …
Das Material dient zur begleitenden Information beim Museumsbesuch und zugleich kann es als Vor- und Nachbereitungsmaterial für den Unterricht in Schulen, für die Arbeit in Jugendgruppen und in Workshops für Erwachsene eingesetzt werden.
 
Es ist kein Problem, zahlreiche direkte Verknüpfungen mit Lehrplanthemen herzustellen, also Kassels Geschichte und Einzelstücke aus den Museen in den Unterricht lehrplantreu einzubeziehen. Die Lehrerinnen und Lehrer müssen aber dazu überzeugt und gewonnen werden.
 
In Sammlungen und einzelnen Exponaten verbergen sich Kenntnisse, Systematiken, Denkweisen. Das exemplarisch, also an einzelnen Forschungsobjekten anschaulich nachvollziehen zu können, das erfüllt bereits den Bildungsauftrag. Eine Erweiterung ist es, wenn sich (ansatzweise) ergründen lässt, wie unser Verständnis von Wissenschaft entstanden ist, was das Geheimnis hinter Innovationen ist.
 
4. Ablauf - Vorschlag
 
1. Ich kann mir gut vorstellen, die Veranstaltung im Ottoneum am 1. November mit Ausschnitten aus zwei Videos zu beginnen: 
mhk● -
Video in Zusammenarbeit mit Felix Kramer, gefördert von: Programm 360° Kulturstiftung des Bundes
Bildfolge zu den Innenansichten einiger Holzbücher – Scheinbücher (Kästen) der Schildbach‘schen Holzbibliothek
 
2. In das Thema einführen: Wunderkammern anschauen – Wissenswege zu …
 
3. Vorstellen der Personen in der Gesprächsrunde, kurze Erläuterung der Zielsetzung
 
5. Statements – Absprachen dazu vorab
 
6. Gesprächsrunde als gelenkte Diskussion
 
7. Auswertung

 
5. Zu klären


Welche unterschiedlichen Meinungen, Ansätze, Ziele können die Diskussion in der Runde beleben, anreichern, interessant machen?
 
 
Jürgen Fischer, 13.10.2022



Share by: